Trend mit Tradition

Ein Glas voll Glück

Das Fermentieren gehört zu den ältesten Methoden, um Lebensmittel haltbar zu machen. Heute bringt es nicht nur Kreativität in die moderne Küche. Es ist auch eine Art der Rückverbindung mit der Natur und unseren Vorfahren. Auch im Restaurant Memories.

Christopher Huhnstock-Kerber ist Sous Chef in Sven Wassmers Memories und beschäftigt sich ausgiebig mit dem Fermentieren. «Das Grundprinzip ist einfach: Mikroorganismen, wie Pilze, Hefe und Bakterien verändern Kohlenhydrate, Proteine und Fette in Lebensmitteln. Dabei entstehen Spaltungsprodukte, die das Produkt und dessen Haltbarkeit, Geschmack sowie Struktur beeinflussen.»

Zu den wohl bekanntesten fermentierten Gerichten gehören das Sauerkraut oder auch das Kimchi. Die Möglichkeiten sind allerdings beinahe grenzenlos. «Gemüse, Obst, Getreide, Nüsse, Fleisch und Fisch lassen sich problemlos fermentieren. Das Ergebnis schmeckt oder riecht vielleicht nicht immer so, wie man sich das vorgestellt hat, aber dann gilt es zu experimentieren», erzählt der Sous Chef mit einem Schmunzeln. «Das ist einer der Aspekte, die wir so sehr am Fermentieren schätzen. Es erlaubt uns, völlig neue Facetten der Produkte aus dem Alpenraum zu entdecken. Eine einfache Karotte hat dadurch plötzlich so viel mehr zu bieten.» Gleichzeitig kreieren sie so aufregende Geschmackserlebnisse für die Gäste.

Die Möglichkeiten hören hier allerdings noch nicht auf. Ganz im Gegenteil. Nebst der Wahl des Lebensmittels lassen unterschiedliche Arten der Fermentation noch mehr Spielraum zum Experimentieren. Im Memories finden hauptsächlich zwei davon Verwendung. Die hierzulande bekanntere Laktofermentation und die etwas exotischere Koji-Fermentation. Wie es der Name bereits andeutet, wandeln bei der Laktofermentation Milchsäurebakterien wie Lactobacillus und Streptococcus Zucker in Milchsäure um. «Daraus entstehen bei uns ein aromatisches Sauerteigbrot, ein scharf-säuerlicher Kimchi und ein würziger Pilzsaft», sagt Huhnstock-Kerber. «Ergänzend zur Laktofermentation greifen wir auch auf den Koji-Pilz zurück. Er ist ein edler Schimmelpilz aus Japan, der auf Reis oder Weizen kultiviert wird. Wir verarbeiten ihn dann mit anderen Zutaten weiter, sodass daraus am Ende verschiedene Garum entstehen.» Das sind Würzsaucen, welche den Gerichten eine weitere besondere Geschmacksdimension verleihen. Der Sous Chef ergänzt: «Die Fermentation mit Koji nutzen wir auch sehr gerne, um unterschiedliche Misoarten aus Baumnüssen, Kürbiskernen oder Heumandel herzustellen.»

Was ist Koji?

«Aspergillus Oryzae» ist ein Schimmelpilz, welcher im Japanischen den Namen «Koji» trägt. Dieser kann entweder auf Reis oder Weizen gezüchtet werden. Er dient als Grundlage für Sake, Miso, Sojasauce oder auch Reisessig. Sind Reisoder Weizenkörner erstmal von Koji bewachsen, erinnert die weisse flaumige Oberfläche an die eines Camemberts. Geschmacklich entstehen durch den Koji komplexe, malzige und süsse Aromen.

Fermentiert wird besonders gerne im Spätsommer und im frühen Herbst. Eben dann, wenn viel buntes Gemüse reif ist. «Zu diesen Zeiten machen wir bestimmte Produkte in grösseren Mengen ein, die wir dann auch ausserhalb ihrer Saison verwenden können. Fermentiert wird bei uns aber das ganze Jahr», erzählt der Sous Chef. Das bringt aber nicht nur Kreativität und eine unvergleichliche Aromatik in die Küche. Fermentierte Produkte sind auch noch gesund, weiss Sonja Ricke. Die diplomierte Ernährungsberaterin erklärt: «Fermentiertes ist leicht verdaulich, da die Bakterien unser Essen quasi vorverdauen. Bei der Milchsäurefermentation, mit der sich zum Beispiel Sauerkraut herstellen lässt, sitzen die Bakterien von Natur aus schon auf dem Gemüse.» Beim Fermentieren entzieht man den Lebensmitteln dann den Sauerstoff und gibt oft Salz hinzu, sodass sich schlechte Bakterien nicht vermehren können. Die Guten hingegen schon. «Das sorgt für eine gesunde Darmflora und eine grosse Artenvielfalt an Darmbakterien. Davon profitiert unser Immunsystem enorm.» Für Experimente zuhause empfiehlt die Ernährungsberaterin: «Industriell hergestellte Lebensmittel werden meist pasteurisiert – dadurch sterben die wichtigen Bakterien ab. Deshalb unbedingt auf Produkte aus biologischer Herstellung zurückgreifen. Nur dann erhalten wir mit einer Prise Geduld ein wirklich lebendiges Lebensmittel.»

Fermentiertes aus der Sterneküche

Rezept

Kürbiskernmiso

Miso mal anders: Als Grundlage für Suppen oder als Marinade für Gemüse.

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