Na dann, gute Nacht!

Für unsere Gesundheit ist kaum etwas so wichtig wie der Schlaf. Merken tun wir das meist erst, wenn wir zu wenig von ihm bekommen. Unser Schlafexperte Dr. Mark Däppen erklärt im Interview, welche Auswirkungen Schlafmangel auf unseren Körper hat und wieso wir viel mehr Zeit im Bett verbringen sollten.

Schlaf erst mal eine Nacht drüber − Dr. Däppen, ist dieser Rat nur ein Mythos oder hilft er tatsächlich bei wichtigen Entscheidungen?

Dr. med. Mark Däppen: Dieser Rat hilft sogar sehr gut. Nachts verarbeitet das Gehirn das Erlebte, trennt Erinnerungen von Emotionen, konsolidiert das Wichtige und eliminiert Unwichtiges. Ausserdem macht Schlaf kreativ und hilft dabei, Lösungen zu finden. Stellen Sie sich das wie einen Filter vor. Am nächsten Morgen kann man klarer denken und Erlebnisse besser ordnen.

Oh wow, dann sollten wir doch viel mehr Zeit im Bett verbringen!

Unbedingt! Schlaf wird noch immer unterschätzt. Es gehört ja fast zum guten Ton, zu sagen, dass man mit wenig Schlaf auskommt. Das ist Irrsinn! Auch die Medizin hat diese Tatsache bis in die 80er, 90er Jahre völlig vernachlässigt. Leider ist es auch heute noch so, dass der Schlaf stiefmütterlich behandelt wird. Und übrigens: Man geht davon aus, dass 20 bis 40 Prozent der Bevölkerung regelmässig unter Schlafstörungen leiden.

Ein Porträt von Dr. med. Mark Däppen, Facharzt FMH für Pneumologie und innere Medizin, manuelle Medizin, Spezialist für Schlafdiagnostik.
Ein Porträt von Dr. med. Mark Däppen, Facharzt FMH für Pneumologie und innere Medizin, manuelle Medizin, Spezialist für Schlafdiagnostik.

Schlaf wird also stiefmütterlich behandelt – was fordern Sie?

Schlaf ist kein Luxus, sondern überlebenswichtig. Entziehen wir uns dem Schlaf, ist es eine Frage der Zeit, bis wir zu halluzinieren anfangen. Es ist ein unheimlicher Spiegel unserer Gesellschaft, dass wir dieser Tatsache viel zu wenig Rechnung tragen. Ehrlich gesagt: Niemand kommt auf die Dauer mit vier bis fünf Stunden Schlaf aus, ohne irgendwann Beschwerden davonzutragen.

Was für Beschwerden sind das?

Unsere Hirnleistung bricht unter akutem, aber auch chronischem Schlafmangel komplett zusammen. Die Folgen sind weitreichend: Wir wissen heute, dass Menschen mit Schlafstörungen im Laufe der Zeit sehr häufig Stoffwechselerkrankungen, eine geschwächte Immunabwehr, Übergewicht, Diabetes, Schlaganfälle oder Depressionen entwickeln. Auch Tumorleiden können auf Schlafmangel zurückgeführt werden.

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« Niemand kommt auf die Dauer mit vier bis fünf Stunden Schlaf aus, ohne Beschwerden davonzutragen.»

Sind Sie selbst eine Schlafmütze?

Nein, ich schlafe wie alle anderen. Und wie das halt so ist, hat der Tag meist zu wenig Stunden – die schwänzt man dann beim Schlaf. Obwohl ich es besser wissen müsste.

Es heisst acht Stunden wären ideal.

Das hängt immer vom Schlaftyp ab. Es gibt solche, die mehr und solche, die weniger benötigen. Als Richtwert würde ich an acht Stunden festhalten.

Die wenigsten kommen im Alltag auf diese Zahl. Leiden wir alle unter Schlafmangel?

Ja, das ist leider so. Das ist ein grosses Problem, weil der Schlaf eben nicht nur gut für das Gehirn ist, sondern auch für die Erholung und die Genesung eine wichtige Rolle spielt. Als Schlafmediziner schmerzt es mich, zu wissen, dass unsere mittlere Schlafdauer in den vergangenen 100 Jahren dramatisch abgenommen hat. Von neuneinhalb auf sieben Stunden.

Warum schläft der Mensch überhaupt? Was passiert da nachts mit uns?

Schlaf ist ein hochkomplexer und aktiver Gehirnprozess. In der Nacht durchlaufen wir verschiedene Formen des Schlafes: Es gibt eine Einschlafphase, den Non-REM-Schlaf (leichter, mittlerer und Tiefschlaf) und den REM-Schlaf. Diese Phasen wiederholen sich im Laufe der Nacht mehrfach und steuern alle weiteren Vorgänge im Körper: Die Körpertemperatur sinkt und der Blutdruck fällt. Auch im Hirn passiert einiges. Zum Beispiel regenerieren sich in gewissen Schlafstadien die Gehirnzellen und Proteine werden abgebaut. Man geht deshalb davon aus, dass auch Demenzerkrankungen durch Schlafmangel verstärkt werden können.

Was ist gesunder Schlaf?

Als erstes sollte Schlaf erholsam sein. Wenn man morgens aufsteht – idealerweise ohne Wecker – sollte man sich erholt fühlen und dies tagsüber auch bleiben. Es gibt Typen, die am Mittag einen Hänger haben, das ist aber alles ganz normal und kein Grund zur Sorge.

Ab wann spricht man von Schlafstörungen?

Jeder von uns leidet gelegentlich unter Schlafstörungen. Anhaltender Stress oder ein Trauerfall können die Auslöser dafür sein. Das ist nichts Beunruhigendes. Solche Phasen klingen in der Regel nach ein bis zwei Wochen ab. Wer länger als sechs bis acht Wochen unter Ein- oder Durchschlafstörungen leidet, sollte sich mit den Auslösern beschäftigen oder direkt einen Termin beim Schlafmediziner vereinbaren.

Was kann man selbst gegen chronische Schlafstörungen tun?

Achten Sie in erster Linie auf Ihre Verhaltensweise. Schreiben Sie sich auf, wann Sie wirklich ins Bett gehen und morgens aufstehen. Wenn man nicht auf fünf Stunden kommt, braucht es keinen Arzt, da hapert es einfach an den Gewohnheiten.

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Schluss mit Zähne zusammenbeissen

Wer nachts Probleme durchkaut, leidet unter sogenanntem Bruxismus. Zähneknirschen oder auch das lautlose Aufeinanderpressen der Zähne ist ein weit verbreitetes Phänomen. Häufige Auslöser sind Stress, Ängste und psychische Belastungen. Durch die hohe Druckausübung leiden nicht nur die Zähne – auch Nacken- und Kopfschmerzen bis hin zum Tinnitus können die Folge sein.

Was, wenn alles nichts nützt?

Wenn alle Möglichkeiten der Schlafhygiene, also Schlafenszeiten, Schlafumgebung, Ernährung und so weiter, ausgeschöpft sind, geht es darum zu identifizieren, ob organische Leiden wie Atem- oder Bewegungsstörungen existieren. Dafür muss man sich die Schlafarchitektur anschauen. Um das zu identifizieren, braucht es eine Polysomnographie.

Polysomnographie?

Dabei misst man während des Schlafes Hirnströme, Atmung, Herzfrequenz, Augen- und Beinbewegungen sowie die Kinnspannung und nimmt alles auf Video auf. Somit erhält man ein objektives Bild darüber, was in der Nacht passiert. Wir bieten die Polysomnographie bei uns im Schlaflabor an.

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« Richtig zu schlafen, kann man wieder lernen.»

Wie kann man sich so ein Schlaflabor vorstellen?

Bei einem Schlaflabor denkt man vielleicht zuerst an ein Versuchslabor. Das ist es aber keineswegs. Zumindest nicht bei uns im Grand Resort Bad Ragaz. Wir haben ein modernes Polysomnographie-Gerät, das absolut mobil ist und in jedem Zimmer des Hotels zum Einsatz kommen kann. Es ist zudem sehr komfortabel zum Tragen. Der Vorteil gegenüber dem Schlaflabor im Spital ist die angenehme und luxuriöse Umgebung. Man hat hier Privatsphäre und kann sich frei bewegen.

Fünf Tipps für einen gesunden Schlaf

1. Bewusstsein und Raum schaffen
Schaffen Sie sich mehr Raum, um zu schlafen – das ist das A und O. Machen Sie sich bewusst, wann Sie wirklich ins Bett gehen und wie viele Stunden Schlaf Sie sich gönnen. Seien Sie ehrlich: Schlafen Sie im Bett gleich ein oder lesen Sie noch stundenlang gespannt einen Krimi?

2. Friedenszone Schlafzimmer
Machen Sie Ihr Schlafzimmer zu einem Erholungstempel mit wenig Lichtexposition. Gadgets wie Handys, Tabletts oder Notebooks gehören nicht hierhin. Das Bett ist für alles ausser Schlaf und Sex tabu.

3. Mit Bewegung einen Ausgleich schaffen
Körperliche Aktivität an der frischen Luft tut unserem Körper unglaublich gut – eine halbe Stunde spazieren gehen reicht bereits aus, um abends besser abschalten zu können.

4. Verzicht auf psychotropische Substanzen
Kaffee, Alkohol, aber auch Ritalin oder andere Stimulanzien halten wach und stören unsere Einschlafphase. Verzichten Sie darauf oder minimieren Sie zumindest den Konsum.

5. Schlafrituale einführen
Ob eine Tasse Tee, das Lieblingsbuch oder einfach nur feste Schlafenszeiten – schaffen Sie sich wiederkehrende Einschlafrituale. Der Körper wird es Ihnen danken – denn dieser bereitet sich dabei schon auf den Schlafmodus vor.

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